Sie kamen zu dem Schluss, dass der SuedOstLink für eine gesicherte Stromversorgung in Bayern nicht notwendig sei. Die Leitung sei überdimensioniert und werde ohne Kosten-Nutzen-Analyse vorangetrieben. Die Kosten des Leitungsbaus würden nicht berücksichtigt. Dem Gutachten zufolge müssten zusätzliche Reservekraftwerke in Bayern oder Wasserstoffanlagen zur Verfügung gestellt werden, um für Versorgungssicherheit und Netzstabilität zu sorgen. Bei bundesweiten Dunkelflauten seien dagegen Leitungen, die keine Speicherfunktion hätten, nutzlos. Selbst wenn die Stromverbraucher die vollen Investitionskosten für die Wasserstoffproduktion übernähmen, würden sie um mindestens drei Milliarden Euro gegenüber einem Leitungsbau entlastet. Rechtsanwalt Wolfgang Baumann bemängelte das Vorhaben zudem als europarechtswidrig.
Gegenwind für den SuedOstLink
Landrätin Tanja Schweiger (FW) und Landräte Peter Berek (CSU) aus Wunsiedel i. Fichtelgebirge und Peter Dreier (FW) aus Landshut wenden sich gemeinsam an die Bundesnetzagentur
Regensburg, Wunsiedel, Landshut. Ist der geplante SuedOstLink erforderlich und alternativlos? Dieser Frage gingen Prof. Dr. Lorenz Jarass (Universität Regensburg) und Dipl.-Ing. Carsten Siebels (Universität Hannover) bereits im Frühjahr 2021 in einem wissenschaftlichen Gutachten auf den Grund.
Nachdem die Ergebnisse des Gutachtens im Rahmen einer hybriden Pressekonferenz einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt worden waren, wandten sich Landrätin Tanja Schweiger (Landkreis Regensburg), Landrat Peter Berek (Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge) und Landrat Peter Dreier (Landkreis Landshut) im August 2021 gemeinsam an die Bundesnetzagentur und baten um eine Stellungnahme zu den von den Gutachtern vorgetragenen Argumenten.
Das Antwortschreiben der Bundesnetzagentur traf im Herbst 2021 ein. Nach einer internen Bewertung der Inhalte gab man auch den beiden Gutachtern Prof. Dr. Lorenz Jarass und Dipl.-Ing. Carsten Siebels Gelegenheit, die Einschätzungen der Bundesnetzagentur zu erwidern. „Es ist sehr schade, dass sich die Bundesnetzagentur mit den inhaltlichen Positionierungen nicht stärker auseinandergesetzt hat. Wünschenswert wäre eine Diskussion offener Fragen und Dissenspunkte auf fachlicher Ebene gewesen“, so Landrätin Tanja Schweiger. Landshuts Landrat Peter Dreier pflichtet dem bei: „Innovative Technologien wie beispielsweise das Pflugverfahren, bei dem die Leitungen naturverträglich und flächenschonend verlegt werden können, wurden zunächst überhaupt nicht berücksichtigt.“
Alle drei Landräte sind sich einig, dass unterschiedliche Meinungen zu einem derart wichtigen Thema wie dem SuedOstLink nachvollziehbar sind, haben sich aber nun nochmals an die Bundesnetzagentur gewandt. Sie bitten darum, bei der Argumentation auch künftig zu erwartende Stromkosten unter Berücksichtigung der Bau- und Unterhaltskosten des SuedOstLinks und Alternativen durch den Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort in Bayern zu berücksichtigen.„Wir sind nicht grundsätzliche Gegner jeglicher Form von Stromtrassen, aber wir wenden uns gegen Trassen, die den Strom wenig durchdacht lediglich über weite Strecken von A nach B transportieren. Solche „Stromautobahnen ohne Ausfahrt“ sind aus unserer Sicht keine Lösungen für unsere Energiezukunft. Wir hier im Fichtelgebirge stehen für andere, möglichst dezentrale Lösungen der Energieerzeugung und -versorgung. Dass diese möglich und sinnvoll sind, machen wir seit Jahren mit dem sogenannten Wunsiedler Weg vor“, betont Wunsiedels Landrat Peter Berek.
Eine dezentrale 100 %-Versorgung durch erneuerbare Energien in Bayern, Deutschland und Europa einschließlich der Entwicklung von Speichertechnologien, werden in der Planung des gesamten Energiesystems nicht in Erwägung gezogen. Die Landräte verweisen in diesem Zusammenhang auf eine vom BUND Naturschutz in Bayern in Auftrag gegebene Studie (100 % erneuerbare Energien für Bayern), erstellt durch den Lehrstuhl für Energiesysteme der Technischen Universität München (LES) und das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE Bayern), Garching.
Herr Dr. Werner Neumann, Arbeitskreissprecher Energie beim BUND, wies bei einer Veranstaltung des „Bürgerdialog Stromnetz“ im Dezember 2021 darauf hin, dass keine Alternativen (wie z. B. der Verteilnetzausbau, eine bessere regionale Strommarktregelungen oder die Umwandlung von Strom in Gase) beim Netzentwicklungsplan bzw. beim Bundesbedarfsplan geprüft worden seien. Seiner Meinung nach wäre diese Versorgungsstrategie voraussichtlich kostengünstiger und würde vor allem die Wertschöpfung in den Regionen lassen. In den Landratsämtern der Landkreise Regensburg, Wunsiedel i. Fichtelgebirge und Landshut erwartet man nun gespannt die neuerliche Stellungnahme der Bundesnetzagentur.
Hintergrundinfo: Rund ein Viertel der Kommunen im Landkreis Regensburg sind von der Trassenführung des SuedOstLinks tangiert. Zusammen mit weiteren bayerischen Kommunen wurde ein Arbeitskreis SuedOstLink Ostbayern gegründet, der den betroffenen Kommunen einen Austausch ermöglicht. Auftretende Probleme durch Probebohrungen in noch nicht abgeernteten Feldern oder auch eine Befahrung von geplanten Trassenbereichen trotz nasser Witterung sind nur ein kleiner Teil der Beschwerden. Die kommunale Planungshoheit ist bereits jetzt durch Veränderungssperren eingeschränkt. Grundwasser- und Brunnennutzungen oder auch Bodendenkmäler sind gefährdet. Weitere Informationen zum SuedOstLink finden Sie hier. (SüdOstLink | Landkreis Regensburg (landkreis-regensburg.de)