„Hallo, wir sind eine etwa 20-köpfige Rotvieh-Herde und auf der Suche nach einem neuen, lieben Menschen.“ Ein gutes halbes Jahr ist es her, dass der Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge mit dieser Kontaktanzeige nach einer Landwirtsfamilie für die landkreiseigene Rotvieh-Herde Ausschau gehalten hat. Die tierische Charme-Attacke stieß damals auf breites öffentliches Interesse und auch in überregionalen Medien auf große Resonanz.
Die gute Nachricht: es gab ein „Match“; die Herde hat eine neue Familie gefunden und bereits Frühsommer den Umzug in die benachbarte Oberpfalz angetreten. Denn dort sind ihre neuen Besitzer, die Familie Wolf, zuhause. In Absprache mit dem Team der Unteren Naturschutzbehörde wurden die Mutterkühe nach Immenreuth zum Hof der Familie gebracht und durften in aller Ruhe und in Sicherheit ihre Kälbchen auf den Wiesen im näheren Umfeld des Bauernhofs zur Welt bringen; darunter war sogar ein Zwillingspärchen. Für den Sommer ging es für Mütter und Kinder dann auf die Naturschutzweiden rund um Immenreuth.
Doch die Geschichte der Tiere in den Selbbachauen im Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge ist damit natürlich nicht zu Ende. Der „Urlaub“ in der Oberpfalz dauert nämlich nur bis zum Frühjahr 2025; dann werden die Tiere ins Fichtelgebirge zurückkehren. Dann steht vielleicht sogar eine Familienzusammenführung der besonderen Art an; die alte Heimat bei Hendelhammer ist nämlich derzeit bewohnt. Dort grasen Hochlandrinder, die ebenfalls der Familie Wolf gehören und vor längerem den Grundstein für deren Begeisterung für die sogenannte extensive Weidetierhaltung gelegt haben. In der Familie gibt es derzeit zumindest vorsichtige Überlegungen, ab 2025 eine gemischte Herde mit Hochlandrindern und Rotvieh auf den Weiden im Selbbachtal zu halten.
Dass die beiden Rassen sich gut verstehen, hat sich schon gezeigt. Denn ein Kälbchen der Hochlandrind-Herde hat den Sommer bereits mit der „urlaubenden“ Rotvieh-Herde in Immenreuth verbracht, da es beim Umsiedeln der Hochlandrinder ins Selbbachtal einfach nicht hatte in den Viehhänger steigen wollen. Die Geschichte einer landkreis- und regierungsbezirkübergreifenden, tierischen Freundschaft hat also bereits begonnen. Fortsetzung folgt!
Hintergrund:
Rotvieh ist eine alte Nutztierrasse, die schon früher im Fichtelgebirge heimisch war. Dank des Bayerischen Naturschutzfonds in Verbindung mit dem Projekt InseGdA und den Flächen der Autobahn GmbH des Bundes Nordbayern beweidet die Herde seit 2020 das Selbbachtal. Die Wissenschaftler, die das Projekt begleiten, konnten nach nur drei Jahren schon positive Veränderungen hinsichtlich der Insektenvielfalt feststellen.